Gedanken zum Volkstrauertag 2025
Der Volkstrauertag gehört zu den stillsten Momenten unseres öffentlichen Jahres. In diesem Jahr war ich bei drei Kranzniederlegungen dabei – in Schmölau, in Bonese und in Dähre. In Schmölau und Bonese habe ich zu den Anwesenden gesprochen, in Dähre war ich als Bürgermeister Teil der gemeinsam schweigenden Gemeinschaft. Anschließend gab es in Bonese wie in Dähre Kaffee und Kuchen – kleine, aber wertvolle Gesten, die zeigen, wie sehr dieser Tag in unseren Orten verankert ist.
Was mich jedes Jahr aufs Neue bewegt, ist die persönliche Begegnung mit den Gedenkorten selbst. Die Tafeln mit ihren langen Listen an Namen verlieren nie ihre Wirkung. Jeder einzelne dieser Namen steht für ein Leben, das nicht gelebt werden konnte. Für Familien, die zerbrochen sind. Für Hoffnungen, die nie eine Chance hatten. In Gesprächen vor Ort wurde das sehr greifbar – man merkt, wie nah diese Geschichten noch immer sind, auch nach so vielen Jahrzehnten.
An diesem nasskalten und grauen Tag wirkte das alles noch unmittelbarer. Das Wetter passte seltsam gut zum Anlass: kein Stimmungsbild, das man sich wünscht, aber eines, das den Charakter des Tages auf eine stille Art unterstrich.
Gerade jetzt, da mitten in Europa wieder Krieg geführt wird und wir weltweit Zeugen schwerer Verbrechen werden, fühlt sich dieser Tag anders an als noch vor einigen Jahren. Die Nachrichten dringen näher an unser eigenes Leben heran. Sie lassen uns nicht unberührt, und sie sollen es auch nicht.
Zu diesem Tag gehört für mich auch eine klare Auseinandersetzung mit seiner politischen Deutung. Der Volkstrauertag ist kein Besitz bestimmter Gruppen. Er darf nicht vereinnahmt werden – schon gar nicht von den Rändern des politischen Spektrums, die ihn für eine verengte oder völkische Geschichtserzählung nutzen wollen. Natürlich hat jeder Mensch seine eigene Lesart und seine Familiengeschichten. Das ist legitim und gehört zu einer offenen Gesellschaft. Aber als Bürgermeister eines liberalen Gemeinwesens stehe ich für eine Form des Gedenkens, die breit, differenziert und offen bleibt: ein Erinnern, das mahnt, ohne in heroische Erzählungen abzurutschen, und ein Gedenken, das mehr im Blick hat als nur die eigene Perspektive.
Wichtig ist mir, dass wir uns an diesem Tag nicht mit einfachen Bildern zufriedengeben. Es gibt keine simplen Erklärungen für Krieg, Gewalt und politische Verfolgung. Aber es gibt eine gemeinsame Verantwortung: Frieden zu schützen, Respekt zu leben und in unseren Gemeinden eine Kultur zu stärken, die Vielfalt aushält und Widerspruch als Teil einer demokratischen Normalität begreift.
Der Volkstrauertag hält uns genau das vor Augen. Und er erinnert daran, dass unsere Gemeinschaft dann am stärksten ist, wenn wir einander zuhören – in der Stille wie im Gespräch, im Gedenken wie beim Kaffee danach.

Kranz der Gemeinde Dähre.

Kranz der Gemeinde Dähre.

Kranz der Gemeinde Dähre.

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